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Stärker als Klopps Dortmunder war nur die Realsatire

Fliegende Trainer, randalierende Fans, jubelnde Borussen: In der abgelaufenen Spielzeit präsentierte sich der Fußball unberechenbarer als das Wetter.

Um die soeben zu Ende gegangene Bundesligasaison zündend zu charakterisieren, zitieren wir am besten das Wechselgerücht, mit dem das Satiremagazin „Titanic“ die Fußballwelt zum Abschluss vollends erschüttert hat: „Nach Frankfurt-Debakel: Übernimmt Daum jetzt al-Qaida?“


Dortmund feiert rund um den Borsigplatz den Titel

Borussia Dortmund - Meisterfeier
 Dortmund außer Rand und Band.

Nach dieser Saison ist alles möglich.

Auch am Samstag haben sich die Vorkommnisse noch einmal überschlagen. Die letzte Hälfte des finalen Abstiegskampfs war das logische Tüpfelchen auf dem I des Irrenhauses, zu dem die Fußball-Bundesliga geworden ist. „Ich hab’ feuchte Hände“, stöhnte der Augenzeuge Franz Beckenbauer – es ist am Ende so drunter und drüber gegangen, dass sogar Christoph Daum zwischendurch nochmal ein paar Minuten als Hexer und Heilsbringer auf der Bank saß und den Interessenten in Pakistan fast hätte absagen müssen.

  
Die besten Sprüche der 48. Bundesliga-Saison

„Im letzten Jahr hatten wir nach drei Spielen nur zwei Punkte. Jetzt haben wir schon nach dem ersten Spiel drei Punkte. Es geht bergauf."
(Ex-Kapitän Mark van Bommel nach dem 2:1 gegen den VfL Wolfsburg, dem ersten Auftaktsieg des FC Bayern München seit drei Jahren)

Dass sich inzwischen die Satire für diesen Fußballkäfig voller Narren zuständig fühlt, wundert spätestens keinen mehr, seit Diego am Samstag die Wolfsburger Mannschaftssitzung mit einer blitzschnellen Drehung auf dem Absatz verlassen hat.

Wenn wir das anschließende Gesicht seines Trainers richtig deuten, wollte Felix Magath zunächst die Feldjäger auf den Fahnenflüchtigen hetzen, das Standgericht tagen und das Urteil auf der Stelle vollstrecken lassen – aber er hat stattdessen dann nur gesagt, dass ihn nichts mehr erschüttert: „Ich hab schon so viel erlebt.“

Nichts haut einen wie ihn noch um, nicht mehr nach dieser Saison. Vor ein paar Wochen hat nicht viel gefehlt, und Magath hätte beim Spiel Schalke gegen Wolfsburg auf beiden Trainerbänken gesessen. Er ist in jenen Tagen gleichzeitig an zwei Orten gesichtet worden, in Wolfsburg hat er sein erstes Training geleitet, während er in Schalke noch verbissen gegen seine Entlassung kämpfte – als Spaßbremse und Sargnagel haben sie ihn dort beschimpft und das anschließende 5:2 in Mailand als direkte Folge der Befreiung vom Schleifer gefeiert.

    
Dortmunder Meisterfeier und Frankfurter Abstiegsfrust

Borussia Dortmund - Eintracht Frankfurt
   Borussia Dortmund - Eintracht Frankfurt 3:1 (0:0)
    Auf diese Schale freuten sich alle in Dortmund.


Heimspiel gegen Leverkusen und gleich versaut. Noch so ein Ding eine Woche danach, und die BVB-Bosse hätten, hokuspokus, womöglich im Affekt als Retter den Peter Neururer aus dem Zylinder gezaubert – und übers Wochenende hätte im Rahmen der Meisterfeier jetzt nicht die B 1 und halb Dortmund gesperrt werden müssen.

Was für ein Fest. Der Autokorso mit den BVB-Helden musste sich am Sonntag den halben Tag durch den Konfettiregen zur Meisterbühne vor den Westfalenhallen durchkämpfen, Nena hat gesungen, Atze Schröder ist seine Kalauer los geworden, und die Bierverkäufer am Borsigplatz haben vor Glück gebrüllt: „So verrückt war’s noch nie.“
BVB präsentiert in Dortmund die Meister-Schale
Meisterfeier Borussia Dortmund

Ja, die Saison war auch im guten Sinne verrückt, dank der Dortmunder und des närrischen Fassenachtsfußballs der Boygroup vom Bruchweg, oder wegen der Freiburger, Nürnberger und Hannoveraner – wobei wir jetzt fast die Schlagzeile nach dem Pokalaus unmittelbar vor dem Bundesligastart vergessen hätten: „Fliegt Mirko Slomka als Erster?“

Wir müssen weit zurückdenken, um eine vergleichbar verrückte Saison zu suchen, finden aber keine.

Rund um die Uhr war dieser Ganzjahreszirkus einen Brüller wert, jeden Tag war was los, sogar an Tagen, an denen nichts los war – da hat dann halt der HSV-Aufsichtsrat geschwind Matthias Sammer als neuen Sportdirektor verkündet, worauf der ungefähr antwortete: „Und mich fragt keiner?“ Dinge sind passiert, auf die wir mit der besten Fantasie nicht gekommen wären, die Realsatire der Bundesliga war stärker.



Die besten Angreifer der Fußball-Bundesliga

Torschützenkönig 1963/64: Uwe Seeler (l.) vom Hamburger SV mit 30 Treffern. Hier finden Sie alle Torschützenkönige der Bundesliga-Geschichte.

In Hoffenheim etwa lief alles wie geschmiert, bis der Trainer Rangnick aus der Zeitung erfuhr, dass ihm sein Mäzen Dietmar Hopp bei einem Tässchen Kaffee mit Kalle Rummenigge seinen besten Spieler Luiz Gustavo nach München verkauft hatte – und in Wolfsburg erschrak der über Nacht zum Cheftrainer verdonnerte Pierre Littbarksi vor sich selbst, als er mit einem scharfen Pfeifen im Wald drohte, er werde die VfL-Profis „an die Kandare nehmen“.

Und wer nimmt die Klubführer an die Kandare?

Gerhard Mayer-Vorfelder, der ehemalige Präsident des DFB und des VfB Stuttgart, hat sich zu diesem Thema dieser Tage neckisch geäußert. Über den früheren Porsche-Manager Gerd E. Mäuser, der in Stuttgart jetzt Präsident werden soll, sagt er: „Als Fußballfachmann hat er sich meines Wissens bisher nicht profiliert“, und über Ex-Nationalspieler Hansi Müller, der Mäuser sportlich beraten soll: „Ja, ja, der Hansi. Ein netter Kerl...“

Schon in puncto VfB-Sportchef Fredi Bobic hatte sich der alte Weise neulich erstaunt gezeigt, dass Ex-Profis „immer meinen, gleich Manager werden zu müssen“.


BVB-Spieler feiern ausgelassene Meister-Party

Für zwei der zwölf gefeuerten Trainer hat jedenfalls der VfB gesorgt – aber grundsätzlich erinnert sich die Bundesliga immer öfter der wegweisenden Art, mit der Jean Löring, der ehemalige Präsident von Fortuna Köln, beim Stand von 0:2 einst in die Kabine stürmte und die Halbzeitansprache seines Trainers Toni Schumacher mit den Worten bremste: „Raus hier, du hast hier nichts mehr zu sagen!“ Gefühlte zwei Promille sollen ihm das Machtwort damals erleichtert haben.

Heute machen die Bosse so etwas nüchtern, fragen Sie Louis van Gaal! Lange sind die Bayern vor diesem Missionar des modernen Fußballs niedergekniet, und vergangenen September haben sie noch fasziniert seinen Vertrag verlängert – ehe Präsident Uli Hoeneß mittels eines TV-Kraftakts jäh verriet, was für ein sturer Bock dieser Wunschtrainer in Wirklichkeit ist.

    

Die deutschen Fußball-Meister seit 1963

 1963/64, 1. FC Köln: Bundeskanzler Ludwig Erhard (r.) unterhält sich mit Hans Schäfer, der mit dem 1. FC Köln erster Bundesliga-Meister wurde.

Die Folge war große Oper: Den „Fliegenden Holländer“ von Richard Wagner haben die Bayern auf der Bundesligabühne aufgeführt. Irgendwie sind sie mit Platz drei jetzt aber noch halbwegs davongekommen – und überhaupt ist die Antwort auf die Frage, ob sich Trainerrauswürfe lohnen, auch nach dieser Saison ein knallhartes Jein. Labbadia? Stuttgart sagt Ja. Schaefer? Köln nickt. Favre? Gladbach ist begeistert. Aber dahinter wird es schon eng. War Magath den Bentley von VW wert? Das hätte auch brutal schief gehen können.?

Wie bei Daum. Der Zauberer ist entzaubert. Der Magier des mentalen Trainings hat mit seinen kraftvollen Gedanken keine Löffel mehr verbogen, er ist im Jesus-Kostüm nicht über den Main gewandelt und hat aus Wasser nicht Wein gemacht – wenn der Daum noch der Daum wäre, schimpfen die frustrierten Frankfurter Fans, hätte er unsere Kicker vor einem Schicksalstag wie in Dortmund über Glasscherben laufen lassen und ihnen bei Halbzeit keinen warmen Kamillentee, sondern das Blut geköpfter Hühner eingeflößt. Und in ihrer Wut greifen sie am Ende der Saison zu Dachlatten und Plakaten, auf denen der letzte Titel gepinselt steht, den Daum erreicht hat: „Randalemeister 2011“.
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Bombendrohung schockiert Borussia Dortmund

Je länger so eine Saison, desto heißer die Köpfe. Die wildesten Bayern-Fans verweigern mit „Koan Neuer!“-Pappdeckeln die Annahme des besten Torwart der Welt und beleidigen ihren Präsidenten Hoeneß als Lügner, in Dortmund droht ein verhinderter Bombenleger, auf dem Kiez bricht ein Bierbecherwerfer das Spiel ab, in Köln wird der Trainer Schaefer aus Jux und Tollerei von 180 auf null gebracht – und in Frankfurt droht Daum: „Der Tag hat ab sofort 25 Stunden.“

Gerade noch rechtzeitig hat die Saison aufgehört. Der Tag hat immer noch 24 Stunden – mehr würde die Bundesliga auch nicht aushalten.